Mit meinem Segelpartner Fynn Kaufhold aus Düsseldorf bin ich gemeinsam die Saison 2023 im 49er gesegelt. Wir beide sind Mitglieder des Bundeskaders und hatten dieses Jahr einen recht vollen Regattakalender. Unser Trainer ist Tytus Konarzewski, der die fünf Nachwuchsteams trainiert und begleitet. Der Fokus am Jahresanfang lag auf dem Bootshandling, was unerlässlich ist, um bei allen Bedingungen vorne mitfahren zu können. Das Training war dadurch echt anstrengend und die ständigen Wiederholungen konnten ganz schön nerven, aber die ganze Trainingsgruppe konnte sich verbessern. Ein Trost war natürlich, dass wir im Januar nicht auf der Ostsee, sondern vor Vilamoura in Portugal trainieren könnten.
1. Vilamoura GP
Unser erster Wettkampf im Jahr 2023 war der Große Preis von Vilamoura. So früh in der Saison war das für uns eher eine Trainingsregatta. Alle vier Tage hatten wir 4-5 Windstärken und große lange Welle und haben uns deshalb darauf fokussiert, ohne zu Kentern um den Kurs zu kommen.
Unser bestes Rennen war ein elfter Platz. Damit wurden wir am Ende Platz 28/38 und waren leider nur das letzte Team aus unserer Trainingsgruppe.
2. MSC Regatta
Die Vorbereitung auf diese Regatta war einerseits interessant, weil wir ca. 15 Grad Celsius hatten aber gleichzeitig Schnee auf den Bergen Mallorcas lag. Andererseits hatten wir ein Trainingslager mit allen Seglern des Bundeskaders und konnten so zusammen lernen und Erfahrungen austauschen.
Bei der Regatta selbst hatten wir die ersten zwei Tage sechs Windstärken und sehr mit der kurzen hohen Welle zu kämpfen. Es waren ein paar gute Startkreuzen dabei, allerdings hatten wir Probleme das Ergebnis zu halten. Am letzten Tag fanden wegen Flaute keine Rennen mehr statt. Am Ende wurden wir nur Platz 50/55.
3. Princess Sofia Trophy
Für uns eine sehr besondere Regatta, da es unser erster Weltcup war und damit unsere erste große Regatta. Wir konnten am ersten Tag direkt einen guten Start hinlegen und haben uns recht mittig im Feld platziert. Dabei sind wir immer am Startschiff gestartet, um das Risiko zu minimieren, einen Frühstart zu fahren. Die folgenden zwei Tage konnten wir das Ergebnis leider nicht halten und haben ganz knapp das Silberfleet verfehlt. An den zwei Finaltagen waren ca. zwei bis drei Windstärken und wir konnten nochmal richtig aufdrehen. Nach guten Startkreuzen haben wir uns auf dem Vorwindkurs immer früh verholt und darauf gesetzt mit Vorfahrt ins Gate zu kommen. Unsere Platzierung war 68/99. Wir wurden 6. im Bronzefleet und bestes deutsches Nachwuchsteam.
4. Allianz Regatta
Der 2. Weltcup des Jahres fand ca. 45 Minuten von Amsterdam entfernt auf dem IJmeer statt und war damit das einzige Event des Jahres auf einem Binnengewässer.
Wir waren in der Vorbereitung nur ein paar Tage da und haben uns deshalb entschlossen in den Autos zu schlafen. Deshalb gab es auch morgens, mittags und abends Würstchen vom Grill, den wir dabeihatten.
Während der Regatta konnten wir einige neue interessante Erfahrungen machen wie z.B. einen Protest gegen ein sehr gutes und erfahrenes Team aus Australien. Wir haben den Protest zwar gewonnen, allerdings konnten die Australier ihn auf ein Team aus unserer Gruppe abwälzen, wodurch die leider ein DSQ bekamen. Bei ca. vier Windstärken konnten wir uns relativ oft in den Top 20 wiederfinden und sogar einmal einen achten Platz einfahren. Am Ende wurde es Platz 23/32 und zweitbestes deutsches Team.
5. Kieler Woche
Die Kieler Woche war von Startverschiebungen geprägt. Wir konnten uns aber in der Lounge des DSV bei kalten Getränken ganz gut die Zeit vertreiben und waren weiterhin bereit. Wir sind mit den Platzierungen 19, 13 ,8 und 26 auch ganz gut gesegelt, haben aber leider als erstes Boot das Goldfleet verfehlt. An den Finaltagen konnten wir also quasi nur noch verlieren und das haben wir mit zwei Frühstarts dann auch gemacht. Am Ende Platz 50/64.
6. U-23 Weltmeisterschaft
Die „Heim-WM” war definitiv unser Saisonhighlight. In Travemünde auf meinem Heimrevier ging es um das Kriterium für den Bundeskader 2024 und wir haben auch mit einem Auge auf einen Podiumsplatz in der U-21 Wertung geschielt. In der Vorbereitung hatten wir immer perfekte thermische Bedingungen, konstant, berechenbar und einigermaßen stark.
Bei der WM selbst hatten wir leider relativ leichte, extrem instabile und unvorhersehbare Bedingungen mit teilweise über 30° Drehern.
Zum Glück konnten wir die beiden Tage in der Quali-Phase von etwas mehr Wind profitieren und haben uns so den Einzug ins Goldfleet gesichert. An den letzten beiden Tagen hatten wir teilweise sehr unschöne Bedingungen bei 1 BFT. Dabei haben wir leider auch ein bisschen den Fokus verloren und konnten aus einer sehr guten Platzierung nur noch eine akzeptable machen.
Am Ende Platz 10 in der U-21 Wertung: Immerhin 3. bestes deutsches Team.
Kein Podium, aber immerhin Kader geschafft. – Ziel erfüllt!!!
7. European Warm-up Regatta
Wie der Name schon sagt, war das Ziel der Regatta sich für die Europameisterschaft im November in Vilamoura aufzuwärmen.
Besonderes Augenmerk haben wir dabei darauf gelegt, bestimmte lokale Effekte auf den jeweiligen Bahnen zu finden oder Auffälligkeiten bei wiederkehrenden Windbedingungen. Das hat uns leider nicht viel gebracht, da wir bei der EM letztendlich komplett andere Bedingungen hatten aber einige Erkenntnisse konnten wir trotzdem treffen. Am Ende Platz 37/53
8. Europameisterschaft
Diese Regatta war sowohl die Senioren-EM als auch die U-23 EM. Also ging es auch um einiges.
Wir sind mit einer vielversprechenden ersten Kreuz ins erste Rennen gestartet und fanden uns direkt in den Top 10 wieder. Aber wir konnten das bedauerlicherweise nicht ins Ziel retten, weil wir auf dem letzten Vorwind zu viel zaubern wollten, uns dann aber verzettelt haben. So ging es die nächsten Tage auch weiter.
Nach der ersten Tonne waren wir dank guter Starts und Kreuzen immer vorne dabei, konnten uns aber bei den ein bis zwei Windstärken nie vorne halten, da uns entweder die Geschwindigkeit oder die Tiefe gefehlt hat. Wäre das Rennen immer an der ersten Tonne vorbei, wären wir 14. geworden; stattdessen wurden wir 82. von insgesamt 91 Teams.
9. Vilamoura Grand Prix
Zum Abschluss des Jahres hatten wir noch einen Trainingswettkampf auf dem gleichen Revier wie die EM. Da uns unsere Schwächen bei der EM ja recht deutlich aufgezeigt wurden, wussten wir genau woran wir arbeiten mussten. Das konnten wir bei Bedingungen von 2-22 Knoten über vier Tage verteilt auch ausgiebig üben. Die guten Nachrichten: wir können gut kreuzen. In einem Feld mit neun Olympia-Anwärtern konnten wir in allen Rennen in den Top 12 um die erste Tonne gehen und auch mehrmals in den Top 5. Sogar einmal als zweite – Die schlechten Nachrichten: wir können das auf dem Vorwind immer noch nicht halten. So haben wir auf jeden Fall eine klare Zielsetzung für die Trainings und Regatten der nächsten Saison.
Insgesamt sind wir zufrieden mit dieser Saison, unseren Ergebnissen und den Fortschritten, die wir gemacht haben. Als 78. der Weltrangliste konnten wir uns schon in unserem ersten Jahr im Mittelfeld platzieren. Wir haben aber alle erfahren müssen, dass der Schritt vom Nachwuchssegler im 49er hin zu den Seglern der Weltspitze nicht so klein ist wie gedacht. Es liegt noch ein ordentlicher Weg vor uns, aber wir wissen, was wir können, und wir wissen, woran wir noch arbeiten müssen.
Auch 2024 werden wir im Bundeskader des DSV sein. Die Saisonhighlights sind die Senioren-WM auf Lanzarote gleich im März und die U-23 WM in Spanien. Wir hoffen, dass wir das gelernte besser umsetzen können und dass wir uns als Team weiter steigern können.
Drückt uns die Daumen.
Jesper